Thorsten Uhrbrock ist Mitglied der AfD-Fraktion im Kreistag von Rendsburg-Eckernförde. Seine Facebook-Seite ziert ein kleiner Text von Mathilde Ludendorff. Die Dame klärt uns darüber auf, was richtiges Deutschsein ihrer Meinung nach ausmacht:
Offensichtlich findet sich Herr Uhrbrock sich in diesem Ausspruch wieder. Was sollte ihn sonst dazu veranlassen, diesen auf seiner Seite zu platzieren?
Ich könnte mich nun lange darüber auslassen, dass ich mich als Deutscher grundsätzlich anders definiere als Frau Ludendorff - und offensichtlich auch Herr Uhrbrock - es gerne hätten. Mein deutsche Identität kommt ohne martialische Rhetorik, fragwürdige Tugenden und dumpfen Nationalismus aus. Ebenso lehne ich das biologistisch-rassistische Denken und so noch so manches mehr ab, was Frau Ludendorff auf ihrem Zettel stehen hat und Herr Uhrbrock damit auf seiner Facebook-Seite verbreitet. Wichtig ist mir vor allem aber, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, wem Herr Uhrbrock über seinen Social-Media-Kanal eine Stimme verleiht.
Mathilde Ludendorff ist vermutlich nicht allen ein Begriff, ihr Gatte dagegen den meisten wahrscheinlich schon. Es handelt sich bei diesem nämlich um Erich Ludendorff, jenen General des Ersten Weltkriegs, der im Jahr 1923 zusammen mit Adolf Hitler erfolglos und komödienhaft gegen die Weimarer Demokratie zu putschen versuchte. Auch Frau Ludendorff selbst war bereits in der Zwischenkriegszeit im völkisch-antisemitischen Milieu beheimatet, wo sie eine nicht unerhebliche Rolle spielte. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" bezeichnete sie in einer Titelgeschichte im Jahr 1960 als „Urgroßmutter des deutschen Antisemitismus“. Dass "Der Spiegel" der Dame ein Titelblatt widmete, resultierte daraus, dass sich Frau Ludendorff nach 1945 in keiner Weise geläutert und weiterhin umtriebig zeigte. Herr Uhrbrock bemüht auf seiner Facebook-Seite also eine notorische Antidemokratin und Antisemitin, die „vom Judenhaß geradezu besessen“ war, wie der Journalist Winfried Martini Frau Ludendorff bereits 1949 charakterisierte.1
Den auf die Ludendorffs zurückgehenden „Bund für Deutsche Gotterkenntnis“, der weiterhin die „Philosophie“ von Frau Ludendorff propagiert, stufen die Verfassungsschutzbehörden übrigens wenig überraschend als antisemitisch und rechtsextremistisch ein. Und nicht nur das. Um rein präventiv der gebetsmühlenartig von der AfD vorgetragenen Erzählung den Wind aus den Segeln zu nehmen, nach der den Einstufungen der Verfassungsschutzbehörden keinerlei Bedeutung zuzusprechen sei, da die „Altparteien“ diese politisch instrumentalisierten und anleiteten: Der „Bund für Deutsche Gotterkenntnis“ befindet sich unter der Rubrik „Rechtsextremismus“ auf der parteieigenen Unvereinbarkeitsliste AfD.
Aber offensichtlich ist es in Ordnung, wenn ein Mitglied und Mandatsinhaber der Partei mit der Führungsfigur und Ikone dieses Vereins auf seiner Facebook-Seite hausieren geht.
Dass es sich bei Mathilde Ludendorff um eine ausgewiesene Exponentin der extremen Rechten und des Antisemitismus handelte, ist sicher kein Allgemeinwissen. Der Gedanke, Herr Uhrbrock sei hinsichtlich ihres geistigen und politischen Hintergrunds ahnungslos, ist jedoch abwegig. Vor allem als Politiker:in informiert man sich über eine Person, mit deren Weisheiten man die Welt über Social-Media-Kanäle beglückt. Oder man ist dämlich. Möchten wir Letzteres im Fall von Herrn Uhrbrock verneinen, bleiben nur zwei weitere Optionen. Entweder steht er gleichgültig dem gegenüber, wen er hier bemüht, oder er hegt womöglich sogar Sympathie für Frau Ludendorff und ihre krude Geisteshaltung. Beides ist fast gleichermaßen schlimm.
1 Martini, Winfried: Die Legende vom Hause Ludendorff, Inngau Verlag, Rosenheim 1949, S. 26.