AfD-Mitglied steuert Pick-Up in Menschengruppe

Am Rande des AfD-Landesparteitages in Henstedt-Ulzburg am 17.10.2020 steuert Marvin S. einen Pick-Up in eine Gruppe von Demonstrierenden. Vorangegangen war eine verbale, möglicherweise auch leicht handgreifliche Auseinandersetzung. Marvin S. verletzt durch seine Tat mit dem Transporter vier Personen. Laut Sachverständigen kommt es nur durch Glück oder Zufall zu keinen Toten. Zu diesem Zeitpunkt ist der 19-jährige Täter AfD-Mitglied.

Wie der folgende Prozess und Medienrecherchen zu Tage tragen, hatte der Täter nicht nur ein AfD-Parteibuch, sondern weitere Verbindungen in die extrem rechte Szene. Er folgte in den Sozialen Medien rechtsextremen Inhalten und Personen. Aus seinen Chats geht hervor, dass er mit Freunden gezielt nach Henstedt-Ulzburg gekommen war, um „Zecken zu glotzen“. Vor Ort trank er „Reichsbrause“ mit Wehrmachtssoldaten auf dem Etikett.

Kurze Zeit nach der Tat traf sich der jetzige Fraktionsvorsitzende der AfD im Kreistag Segeberg, Julian Flak, mit dem ihm bereits persönlich bekannten Marvin S. und legte diesem nahe, aus der AfD auszutreten. Dem entsprach der Täter. Für die AfD war die Sache damit erledigt, eine irgendwie geartete Distanzierung der Partei von der Tat erfolgte nicht. Im Gegenteil: In einer typischen Täter-Opfer-Umkehr versuchte sie, die Verantwortung den Gegendemonstrierenden aufzubürden. Flak forderte in Flugblättern ein Verbot der „Antifa“. Gegenüber der Presse erklärte Flak, der Täter "habe mit der AfD nichts zu tun."

Henstedt-Ulzburg war nicht das erste Mal, dass extrem Rechte ein Auto als Waffe nutzten. Es gibt weltweit Vorbilder für diese Art rechtsextremer Anschläge. Marvin S. ist vom Landgericht Kiel zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren Jugendhaft verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Obwohl ein offensichtlicher Rechtsextremist ein tonnenschweres Fahrzeug in eine Gruppe politischer Gegner*innen steuern kann, geht dies weder in die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) als ein politisch motiviertes versuchtes Tötungsdelikt ein noch wird die Tat als solche in einem Verfassungsschutzbericht erwähnt.

Quellen: