Wir befinden uns am Scheideweg. Der Klimawandel stellt eine existenzielle Bedrohung für die Menschheit dar.
Die Verantwortung hierfür trägt maßgeblich der Mensch selbst, der Klimawandel ist hausgemacht, insbesondere durch die Industrienationen des globalen Nordens. Die Nationen, die schon jetzt am meisten unter dem Folgen des Klimawandels leiden und auch in der Zukunft die drastischsten Konsequenzen zu erdulden haben werden, tragen weit geringer dazu bei. Das Schema ist global und auf der Ebene der Nationen gleich: Es sind die Reichen, die mit ihrem Lebensstil eine weit größere Verantwortung tragen, sich allerdings besser schützen können, während die Ärmeren einen geringeren Anteil an den CO2-Emissionen leisten, jedoch in höherem Maße unter den Auswirkungen leiden.
Unentwegt werden wissenschaftliche Studien zu Folgen des Klimawandels veröffentlicht, allen voran der Bericht des zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC).
Wissenschaftler warnen uns eindringlich in ihren Folgenabschätzungen und entwerfen verschiedene Szenarien bis hin zu apokalyptisch anmutenden Visionen – je nach dem, ob, wann und wie es uns gelingen sollte die Reißleine zu ziehen und gegenzusteuern. Und immer wieder kommt der Hinweis: Ja, wir können noch etwas tun!
Die Hoffnung, uns in Europa oder Deutschland wird es nicht mit ebenso mit Vehemenz treffen, ist trügerisch. Wir müssen uns längst von der naiven Vorstellung verabschieden, alles, was uns in unseren Breiten blühe, sei einfach besseres Wetter. Schon jetzt sehen wir die drastischen Veränderungen in der Natur, registrieren einen Anstieg der Hitzetoten und erleben Wetterextreme wie etwa im Sommer 2021 im Ahrtal mit katastrophalen Folgen, einem hohem Verlust an Menschenleben und Milliardenschäden. Dies alles wird nicht besser werden!
Wir blicken auf Studien, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel einen massiven Einbruch der Weltwirtschaft prognostizieren, mit weitreichenden Folgen auch in Europa und Deutschland, auch und insbesondere für Arbeitnehmer. Diese vorausgesagten wirtschaftlichen Schäden übersteigen in der Summe bei Weitem das, was wir in Klimaschutz-Maßnahmen zu investieren hätten, um diese Entwicklung abzuwenden.
Die AfD ficht dies alles nicht an. Trotz aller wissenschaftlichen Warnungen vor den Konsequenzen für Menschheit, für Tier- und Pflanzenwelt will sie dem „Klimawandel positiv begegnen“. Ihre Position lässt sich folgendermaßen zusammenfassen (Programm für Deutschland, S.79, Bundestagswahl 2021, S.174f.):
- Der Mensch trägt keine Schuld am Klimawandel.
- Wir können daher auch nichts ändern.
- Es wird alles nicht so schlimm, wir müssen uns nur anpassen.
Die AfD fordert eine Kündigung des Pariser Klima-Abkommens, einen Ausstieg Deutschlands aus allen Klimaschutzorganisationen nebst Entzug aller Unterstützung für diese sowie das Ende jeder CO-Besteuerung. Außerdem lehnt sie eine Dekarbonisierung, also die Abkehr von fossilen Energieträgern, ab.
In ihrem Programm zur Euopawahl 2024 (S.41) heißt es:
„Wir teilen die irrationale CO₂-Hysterie nicht, die unsere Gesellschaft, Kultur und Lebensweise strukturell zerstört. Wir stehen für Freiheit, Fortschritt und Wissenschaft!“
Das wirft eine Reihe von Fragen auf.
Was ist mit der Freiheit derjenigen Menschen, denen der Klimawandel schon jetzt das Leben nimmt oder die Möglichkeit, frei über ihr Leben zu entscheiden. Um nur ein Beispiel zu nennen: Wie sieht es mit der Freiheit von Millionen von Menschen in Pakistan aus, die durch die Flutkatastrophe von 2022 ihre Heimat verloren haben? Und was ist mit der Freiheit unserer Kinder und Kindeskinder, deren künftige Handlungsoptionen wir durch unser jetziges Tun einschränken?
Was hat die Haltung der AfD, trotz vorhandener Alternativen an der Nutzung fossiler Energieträger und damit an einer vor mehr als 300 Jahren etablierten Technik und Handlungsweise unbedingt festhalten zu wollen, mit Fortschritt zu tun? Fortschritt heißt Innovation heißt neue Ideen.
Wenn die AfD „für Wissenschaft" steht, warum hört sie nicht auf Wissenschaftler:innen? Klima, Gender, Migration usw. Man kann die Liste vermutlich beliebig lang ergänzen: Immer dann, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse nicht in das beschränkte Weltbild dieser Partei passen, hört die Wissenschaftsfreundlichkeit der AfD sehr schnell auf. Also ganz schön oft.
Das, was die AfD „irrationale CO2-Hysterie“ nennt, ist in Wirklichkeit wissenschaftliche Erkenntnis. Die Quote der Fachwissenschaftler und wissenschaftlichen Arbeiten, die den Klimawandel als maßgeblich vom Menschen verursacht beurteilen liegt bei fast 100%.
Gegen diesen wissenschaftlichen Konsens versucht die AfD unentwegt Nebelkerzen zu werfen. Sie behauptet, es es gäbe auch Stimmen mit „anderer Meinung“. Aber wer, bitte, sind diese? Meinungen sind keine Wissenschaft. Die AfD verbreitet Fake Facts, versucht Forscher:innen und Studien zu diskreditieren, weicht aus und wiegelt ab.
Eindrucksvolles Beispiel für dieses Vorgehen demonstrierte der AfD-Politiker Steffen Kotré in der Talkshow von Markus Lanz am 25.05.2023.
Herr Kotré ist nicht irgendjemand, sondern der energiepolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion. Er verhält sich in der Sendung entlang der oben dargestellten Strategie. Immer wieder erfolgt der Hinweis auf „andere Meinungen“, immer wieder fordert der Moderator erfolglos, der AfD-Mann möge doch Stimmen aus der Fachwissenschaft nennen, die seine Position untermauern. Dieses jämmerliche Schauspiel ist unfassbar nervtötend, geht an die Schmerzgrenze und darüber hinaus. Nach wiederholtem, eindringlichem Insistieren des Moderators stammelt sein Gast letztendlich einen Namen. Doch auch das geht nach hinten los – für Herrn Kotré: Nach redaktionellem Faktencheck stellt sich noch während des Gesprächs heraus, dass der von Kotré genannte Gewährsmann bereits vor Jahren öffentlich Stellung genommen gegen diejenigen, die abstreiten, dass der Klimawandel vom Menschen verursacht ist – also gegen Leute wie Herrn Kotré. Was macht dieser daraufhin? Er wiegelt ab. Es gäbe andere Stimmen, die...
Man stößt beim Anschauen der Sendung vor in eine neue Dimension des Fremdschämens und ist geneigt, aus Wut in die Tischplatte zu beißen, angesichts einer derartig unverfroren zu Schau gestellten Ignoranz.
Um es klipp und klar zu sagen: Der Experte der AfD-Bundestagsfraktion in Sachen Energiepolitik verweist fortwährend auf andere Stimmen in der Wissenschaft, ist aber nicht in der Lage eine einzige Fachwissenschaftlerin oder einen einzigen Fachwissenschaftler zu nennen, die oder der seine Annahme und die seiner Partei zu den Ursachen des Klimawandel stützt!
Die AfD steht im den Bereichen Klimawandel und Klimaschutz nicht auf dem Boden der Realität. Sie verfolgt eine Politik des „nach uns die Sintflut“ - im wahrsten Sinne! Diese Haltung bewahrt sie sich auch im Programm für die Bundestagswahl 2025.