TOP 32 – Belastung bei der Landespolizei
Dazu sagt der innenpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jan Kürschner:
Sehr geehrte Frau Präsidentin/Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete,
mit Ihrer Erlaubnis beginne ich meine Rede mit einem längeren Zitat:
„Und dann gibt es, glaube ich, eine große Gruppe, die mit der Arbeit und mit der Tätigkeit zufrieden ist, die sich aber bessere Unterstützung bei den Rahmenbedingungen und den Arbeitsmitteln und der Unterbringung oder sowas wünschen. Also Sie haben das Gebäude ja hier gesehen, was irgendwie seit gefühlt zehn Jahren im Umbau ist und offene Wände hat und zu klein [ist]. Ich habe MitarbeiterInnen, die können das ihnen zustehende Büro und Ausrüstungsmaterial gar nicht aufbauen, weil sie gar nicht den Platz haben in den Büros. Also das ist wirklich ein Elend. Und ich empfinde das so ein bisschen auch als Geringschätzung der Verwaltung im Allgemeinen“.
Meine Damen und Herren, das war ein anonymes Zitat eines oder einer Polizeivollzugsbeamtin aus den Online-Befragungen aus dem jüngst abgeschlossenen ersten Teil der MEGAVO-Studie: Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeivollzugsbeamten.
Mit dem jetzt vorliegenden Projektbericht haben wir einen guten Blick in den beruflichen Polizeialltag von über 40.000 Menschen in 14 Bundesländern gewonnen, für die starke freiwillige Teilnehmendenzahl unserer Landespolizei sei hier nochmals herzlich gedankt.
Warum komme und starte ich mit MEGAVO? Kapitel 4 des Berichtes beschäftigt sich mit dem Thema der Belastungen, die auf die Polizei einwirken oder einwirken können, unterschieden in operative, administrative und organisationale Belastungen, und damit im Kern mit den Fragestellungen Ihres Antrages und unseres Alternativantrages.
Personalmangel und bürokratischer Verwaltungsaufwand werden von den Teilnehmenden der Studie als stärkste alltägliche Belastungen genannt, dann absteigend weiter zum Beispiel fehlende Wertschätzung der Arbeit, das Arbeiten für die Tonne bei vielen eingestellten Verfahren oder fehlende Ausstattung. Legen wir noch eine andere Zahl aus einer anderen Studie dazu (SKID S-H 2020): 77,6 Prozent der Schleswig-Holsteiner*innen stimmen der Aussage zu, die Polizei sei überlastet. Was machen wir nun damit? Wie entlasten wir?
Wie Sie unserem Antrag entnehmen können, nehmen wir gezielt die bürokratischen Abläufe in den Blick, Stichworte Digitalisierung und Automatisierung, dazu ein weiteres Zitat eines anonymen Polizeivollzugsbeamten aus der Studie:
„Das Problem ist aus meiner Sicht und die teile ich mit vielen, dass die Komplexität dessen, was zu tun ist, sich erheblich verändert hat. Und dadurch ist zwar der einzelne Fall insgesamt weniger geworden von der Quantität, aber die Bearbeitungstiefe hat sich deutlich erhöht“.
Der Anstieg der Komplexität entspringt dem Bestreben, besser zu werden. Allerdings hat das auch gewichtige Nachteile. Wenn ich mir anschaue, was man machen muss, um einen polizeilichen Vorgang anzulegen und mir vergegenwärtige, in den 90ern oder 2000ern bei der Polizei eine weit unkompliziertere Vorgangsbearbeitung zu sehen war, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Es ist ein typisches Phänomen der deutschen Verwaltung, die Dinge immer besser und ausführlicher, aber eben auch komplizierter und schwer durchführbar zu machen. Dabei die Waage zu halten, ist eine große Kunst.
Wenn wir mehr Sicherheit wollen, sollte man verpflichtende Schießtrainings auch vor Ort absolvieren können, mit Waffen und Munition, die dort eingesetzt werden können. Wenn wir von Verheißungen von KI und Automatisierung sprechen, dürfen wir nicht vergessen, dass gleichzeitig auch noch die Distanzimpulsgeräte, die Taser, eingeführt werden sollen und dafür Zeit und Training benötigt wird, die verletzten Beamt*innen aus Ahrensburg sind hoffentlich wieder wohlauf.
Der Baustellen sind viele, doch weiß ich unsere Landespolizei in sehr guten Händen.
Machen wir das Faktische besser. Herzlichen Dank.