Liebe Freundinnen und Freunde,
ich freue mich, hier so ein großes Spektrum an Mitstreitern zu sehen.
Ich will mit etwas einsteigen, das sehr unangenehmen ist. Ich lese aus einem Zeitungsartikel von Joseph Goebbels vor, aus dem Jahr 1928, kurz nachdem die NSDAP erstmals in den Reichstag gewählt wurde: „Was also wollen wir im Reichstag? Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns aus dem Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahm zu legen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache. Wir zerbrechen uns darüber nicht den Kopf. Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren.“
“Wir kommen nicht als Freunde, auch nicht als Neutrale. Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir. Jetzt seid ihr nicht mehr unter euch! Und so werdet ihr keine reine Freude an uns haben!”
Und auf dem Kyffhäusertreffen der AfD redete Björn Höcke so: „Heute, liebe Freunde, lautet die Frage nicht mehr Hammer oder Amboss, heute lautet die Frage Schaf oder Wolf. Und ich, nein, wir entscheiden in dieser Lage: Wolf zu sein.“
Das ist natürlich sehr deutlich. Der Geschichtslehrer Höcke nimmt dabei ganz klar Bezug auf Goebbels. Die AfD gibt sich einen legalen Anstrich, aber es gibt ganz klar gewaltgeneigte Teile der Partei. Die AfD sagt das verdeckt, in aller Öffentlichkeit. Man muss Höcke nur richtig zuhören.
Klar ist, dass große Teile der AfD zum Rechtsextremismus gehören. 10.000 von 30.000 Parteimitgliedern schätzt der Verfassungsschutz als rechtsextremistisch ein. Unter den AfD-Funktionären sind es wohl eher 2/3. Das zeigt sich auch an der Tat hier in Henstedt-Ulzburg. Für die es auch eine glasklare rechtsextremistische Vorlage gibt, nämlich die Tat 2017 in Charlottesville in den USA, bei der ein Mensch durch ein Auto starb. Noch können wir handeln. Wir brauchen starke Herdenschutzhunde. Der Verfassungsschutz allein kann das Problem aber nicht lösen, der ist nur das Ohr des Staates. Im Grundgesetz gibt es einen Instrumentenkoffer, den die Politik jetzt öffnen muss! Wieso sollen wir es hinnehmen, dass der Staat weiterhin Leuten Geld zukommen lässt, deren wahre Agenda darin besteht, an der Abschaffung der freiheitlichdemokratischen Grundordnung zu arbeiten und es zum Beispiel der Jugendorganisation der AfD ermöglicht, Kampftrainings zu finanzieren. Vom Landtag aus wird die richtige politische Einordnung als rechtsextremistisch noch ein Thema im Innen- und Rechtsausschuss werden. Dazu müssen wir aber zunächst den Ausgang des Prozesses abwarten.
Noch was zum Schluss. Vor 100 Jahren befand sich Deutschland schon einmal in einer großen Krise. Damals schaffte es die Weimarer Republik noch, aber 10 Jahre später waren die Nazis an der Macht. Die Situation von 1923 ist nicht 1:1 auf heute übertragbar, aber Parallelen gibt es schon.
Mein Fazit aus der Beschäftigung mit 1923:
1. Regierungen sind mit Lösungen überfordert, wenn Sie in Krisensituationen hineinstolpern und keinen Plan haben. Krisensituation erfordern Mut und vorausschauendes politisches Handeln. Wir müssen frühzeitig gegensteuern, auch wenn das was kostet.
2. Vor allem aber lehrt das Jahr 1923: es ist entscheidend, sich klar von denjenigen zu distanzieren, die versuchen, die Situation für ihre Zwecke auszunutzen. Es ist ganz wichtig, dass alle demokratischen Parteien fest zusammenstehen. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein, aber wie wir in Thüringen sehen müssen, ist es das leider nicht.